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Das Statusfeststellungsverfahren und wann Arbeitgeber es brauchen

Wann ist ein Freiberufler wirklich selbständig? Seit Jahren diskutiert die Politik, wie sie gegen die sogenannte Scheinselbständigkeit vorgehen kann. Natürlich sind tatsächlich abhängig Beschäftigte in prekären Arbeitsverhältnissen zu schützen. Aber die Sozialgesetzgebung konterkariert bisweilen die notwendige Flexibilität von Start-Ups und Existenzgründern bei der Gestaltung ihrer Arbeitsbeziehungen. Ein Instrument ist das seit dem 1. Januar 2005 existierende Statusfeststellungsverfahren. Das Wortungetüm der deutschen Bürokratie zählt 28 Buchstaben und kann ein für Auftraggeber tückisches Instrument in der Hand von Freiberuflern sein.

Wann droht ein Statusfeststellungsverfahren?

Generell gilt in Deutschland, dass alle Mitarbeiter eines Unternehmens sozialversicherungspflichtig sind. Der Arbeitgeber muss im Monat der Arbeitsaufnahme eine Meldung an die Krankenversicherung und das Finanzamt absetzen und die Beschäftigung anzeigen. Danach sind von den Bruttobezügen monatlich die Sozialversicherungsabgaben zu entrichten sowie die Lohnsteueranteile an das zuständige Finanzamt abzuführen. Anders ist es bei Selbständigen, also Freelancern, die Sie als Unternehmer Projektweise beauftragen. Diese stellen Ihnen Rechnungen. Wie sie ihre Krankenversicherung und die Altersvorsorge und wie sie ihre Steuerangelegenheiten regeln, bleibt ihnen überlassen. Wirklich selbständig ist jedoch nur, wer für verschiedene Auftraggeber arbeitet sowie bei seiner Leistungserbringung weder weisungs- noch ortsgebunden ist. Diese Tatbestandsmerkmale liegen in den meisten Fällen anfangs vor. Bei Start-ups kommt es in der Wachstumsphase aber schnell zu einer stillschweigenden Statusänderung. Während der Freiberufler zunächst nur wenige Tage im Monat für den Gründer arbeitet und auch andere Klienten bedient, konzentriert er sich schleichend nur noch auf die Aufträge des Gründers. Damit ist die Falle aufgestellt; der Freiberufler könnte auf die Idee kommen, bei der Deutschen Rentenversicherung ein Statusfeststellungsverfahren zu beantragen.

Was löst der Antrag auf Feststellung des Status eines Selbständigen aus?

Dieses bürokratische Verfahren hat den Zweck festzustellen, ob der Freiberufler wirklich noch die Merkmale der Selbständigkeit erfüllt. Ist der Antrag einmal gestellt, verschickt die Rentenversicherung einen Fragebogen an den Auftraggeber. Darin fragt sie alle Umstände ab, wie die Arbeitsbeziehung de facto aktuell gelebt wird. Denn Beschäftigte mit einem Vertrag als freie Mitarbeiter oder Subunternehmer oder auch mitarbeitende Angehörige sind qua Gesetz praktisch immer sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, wenn

  • sie im Betrieb des Auftragnehmers oder seinen Betriebsstätten oder bei dessen Auftraggebern (beispielsweise Baustelle) arbeiten
  • sie weisungsgebunden über die Zeiten und die Orte der Leistungserbringung sowie die Art der Arbeitsverrichtung sind
  • sie nur für einen Auftraggeber arbeiten
  • sie kein eigenes unternehmerisches Risiko tragen.

Freie Mitarbeiter und angestellte Arbeitnehmer unterscheiden sich nach heute gefestigter Rechtsprechung höchster Gerichte durch den Grad ihrer Abhängigkeit vom Arbeit- oder Auftraggeber. Wer einem Arbeitgeber eine fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit zu festen Arbeitszeiten und -orten schuldet, ist demnach sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer und kann kein Subunternehmer sein. Dabei kommt es auf die faktischen Umstände des Einzelfalles an und nicht auf die vertragliche Vereinbarung der Parteien. Was zählt ist das Gesamtbild.

Welche Folgen hat das Statusfeststellungsverfahren

So kann bereits ein freier Mitarbeiter als sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer aufgefasst werden, wenn er im Home-Office aber eben nur für einen Auftraggeber eine Vollzeitstelle bekleidet. Auch ein Fuhrunternehmer, der seinem Subunternehmer den Lkw stellt und die Touren organisiert sowie Liefertermine vorschreibt, muss bei einer Betriebsprüfung oder bei einem Statusfeststellungsverfahren damit rechnen, dass er rückwirkend die Sozialversicherungsbeiträge zahlen muss.

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Auf Besuch vom Finanzamt dürften sich die wenigsten freuen. Kein Wunder also, wenn auch Unternehmer einer angekündigten Betriebsprüfung durch einen Prüfer des Finanzamts eher nervös entgegensehen.

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Mitwirkungspflicht des Auftraggebers

Als Auftraggeber sind Sie verpflichtet, den Fragebogen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) wahrheitsgemäß auszufüllen. Auch Ihr Auftragnehmer muss darin Fragen beantworten. Der Fragebogen ist dann von beiden zu unterschreiben. Die Prüfung, also die Statusfeststellung obliegt der Clearingstelle DRV. Kommt die DRV zu dem Ergebnis, dass ein „Sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis” vorliegt, muss der Auftraggeber ab der Entscheidung den ehemaligen Selbständigen festeinstellen. Richtig perfide kann es werden, wenn der Auftragnehmer behauptet, die Merkmale eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses wären bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingetroffen. Dann muss der Auftraggeber auf der Grundlage der gezahlten Honorare die Sozialabgaben an Kranken-, Renten- und Pflege- sowie Arbeitslosenversicherung nachzahlen. Je nachdem, wie lange das Auftragsverhältnis bereits faktisch ein Arbeitsverhältnis war, können hierbei schnell Forderungen in fünfstelliger Höhe zusammenkommen. Und wichtig: Das Statusfeststellungsverfahren können Sie nicht einfach aussitzen. Denn wenn Sie den Fragebogen einfach ignorieren, könnte als Folge die DRV eine Betriebsprüfung bei Ihnen ansetzen. Und dann wird praktisch immer zu Ihren Ungunsten anhand der Rechnungen zurückgerechnet, seit wann das Beschäftigungsverhältnis sozialversicherungspflichtig war.

Wie schütze ich mich als Auftraggeber vor dem Statusfeststellungsverfahren?

So absurd es klingt: Kommen Sie Ihrem Auftragnehmer zuvor! Wenn Sie als Auftraggeber vermuten, dass Ihr selbständiger Mitarbeiter bereits die oben genannten Kriterien einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bei Ihnen erfüllen könnte, sprechen Sie ihn an. Sie könnten auch anbieten, selber das Statusfeststellungsverfahren im Einvernehmen mit dem Auftragnehmer einzuleiten. Dann würden Sie jedoch mit ihm vereinbaren, dass mit dem Bescheid der Clearingstelle das freie in ein angestelltes Arbeitsverhältnis überführt wird. So vermeiden Sie eine drohende Nachzahlung.

Fazit:

Wenn Sie ein Statusfeststellungsverfahren verhindern wollen, sprechen Sie rechtzeitig mit Ihrem Auftragnehmer. Als Richtschnur gilt, dass Sie ein Angestelltenverhältnis begründen sollten, wenn Zeitumfang, Weisungen und Ort der Leistungserbringung einer Vollzeitstelle entsprechen.